Bundesverfassungsgericht macht den Weg für das europäische Einheitspatentgericht (UPC) frei
Das europäische Einheitspatent soll Aufwand, Zeit und Geld von Erfindern bzw. Unternehmen beim Anmelden und der Durchsetzung von Patenten in Europa sparen.
Teil der Reform der Patente in Europa ist ein internationales Gericht, das europäische Einheitspatentgericht (UPC), das als gemeinsames Gericht der Mehrzahl der Mitgliedstaaten Streitigkeiten über europäische Patente und europäische Patente mit einheitlicher Wirkung entscheidet. Bevor das UPC die Arbeit aufnehmen kann, müssen mindestens 13 der 25 teilnehmenden EU-Mitgliedsstaaten die Verträge ratifizieren, wobei Deutschland, Frankreich und Großbritannien mit den derzeit meisten gültigen europäischen Patenten umfasst sein müssen. Aktuell ist die Vereinbarung bereits durch 16 Mitgliedsstaaten ratifiziert.
Großbritannien hat die Verträge ratifiziert – zwischenzeitlich jedoch mitgeteilt, dass es beim UPC nun doch nicht mitmachen wird, wodurch auch der vorgesehene Standort einer Zentralkammer in London entfällt und vorrausichtlich nach Mailand wechselt.
Allerdings steht das UPC in Deutschland in der Diskussion, da deutsche Gerichte, sollte das internationale Gericht tätig sein, entsprechende Patentrechtsstreitigkeiten nicht mehr entscheiden können und somit einen Teil Ihrer Hoheitsrechte verlieren.
Die Abstimmung über das Gesetz zur Zustimmung zum UPC (EPGÜ-ZustG) im Bundestag erfolgte im März 2017 einstimmig, allerdings beteiligten sich nur 35 Abgeordnete. Eine Feststellung der Beschlussfähigkeit erfolgte ebenso wenig wie die Feststellung des Bundestagspräsidenten, dass das Zustimmungsgesetz mit qualifizierter Mehrheit beschlossen worden sei.
Ein Düsseldorfer Anwalt reichte im Frühjahr 2017 eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein, um das deutsche Gesetz zu stoppen, welches das UPC erlauben sollte.
Das Bundesverfassungsgericht hat am 13. Februar 2020 der Verfassungsbeschwerde gegen die deutsche UPC-Gesetzgebung mit der Begründung stattgegeben, dass das Zustimmungsgesetz zum Vertrag über ein einheitliches Patentgericht einer Zweidrittelmehrheit des Bundestages bedarf, da es in die Verfassung eingreift. In der Verfassung sei genau beschrieben, wer Rechtsstreitigkeiten klärt, und dies könne der Bundestag nicht einfach mit einem ganz normalen Gesetz abändern.
Nach diesem Rückschlag wurde 2020 ein neues Gesetzgebungsverfahren gestartet. Das neue Gesetz hat mittlerweile den Bundestag mit der notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit (571 von 709 Abgeordnete stimmten dafür) passiert. Am 18. Dezember 2020 hat auch der Bundesrat dem Gesetz zugestimmt.
Allerdings wurden – ebenfalls am 18. Dezember 2020 – zwei neue Beschwerden gegen die Ratifizierung des Einheitlichen Patentgerichtsabkommens beim deutschen Bundesverfassungsgericht eingereicht.
Im Juli 2021 nun hat das Bundesverfassungsgericht die zwei Eilanträge gegen das Einheitspatentspatentgericht abgewiesen, weil die anhängigen Hauptverfahren unzulässig seien, weil die Beschwerdeführer die Verletzung ihrer Grundrechte nicht hinreichend substantiiert dargelegt hätten. Die Pressemitteilung finden Sie hier: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/bvg21-057.html.
Das Gesetz über das Einheitliche Patentgericht wurde nun durch den Bundespräsidenten ratifiziert und ist nun seit August 2021 in Kraft. Zwischenzeitlich wurde auch die Ratifikationsurkunde für das Protokoll zum Übereinkommen bei der EU hinterlegt.
Österreich hat am 02. Dezember 2021 als letzter notwendiger Staat das Protokoll zum Einheitlichen Patentgericht beschlossen und am 18.01.2022 die Ratifikationsurkunde hinterlegt. Anschließend wird nun im Rahmen der Protokollphase das Gericht u.a. die Rekrutierung von Richtern durchführen.
Gemäß Artikel 89 des EPGÜ wird Deutschland den Start des Einheitlichen Patentgerichts durch die förmliche Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde beim Sekretariat des Europäischen Rates am ersten Tag des vierten Monats nach der Hinterlegung einleiten. Wahrscheinlich wird das Europäische Patentgericht somit frühestens ab Mitte 2022 in Kraft treten.
Weitere Informationen finden Sie u.a. auf der Seite des EPA: https://www.epo.org/news-events/news/2022/20220117_de.html.