Bundespatentgericht sieht die Gestaltung einer Unterseite eines Fahrradsattels als nicht designfähig an

Das Bundespatentgericht (BPatG) hat in seinem Beschluss BPatG 30 W (pat) 809/18 vom 27.02.2020 zur Frage der Sichtbarkeit eines Designs in Form der Unterseite eines Fahrradsattels und dessen bestimmungsgemäßer Verwendung geurteilt und das nachfolgend wiedergegebene Design gelöscht.

Dabei ging es um sogenannte Bauelemente komplexer Erzeugnisse, genauer: die Unterseite eines Sattels, der als Bauelement eines komplexen Erzeugnisses (nämlich des Fahrrads) zu verstehen war.

Fahrradsattel

Der zugehörige §4 DesignG fordert nämlich für solche Bauelemente komplexer Erzeugnisse, dass diese bei bestimmungsgemäßer Verwendung sichtbar bleiben und dass die sichtbaren Merkmale des Bauelements selbst die Voraussetzung der Neuheit und Eigenart erfüllen. Vereinfach gesagt gibt es keinen Designschutz für etwas, das bei der bestimmungsgemäßen Verwendung nicht sichtbar ist.

Die Frage, ob bei solchen Bauelementen komplexer Erzeugnisse das geschützte Design „immer“ sichtbar sein muss bzw. wie weit die bestimmungsgemäße Verwendung zu fassen ist, ist bisher in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt. 

Dieser Sache hat sich das BPatG mit seinem Beschluss sehr genau angenommen. Das Fazit lautet: Eine Fahrradsattelunterseite ist nicht designschutzfähig.

Für die Frage der Sichtbarkeit bei bestimmungsgemäßer Verwendung kommt es aus Sicht des BPatG ausschließlich auf den verbauten Zustand an. Das heißt, dass maßgeblich dabei nicht die Verwendung des Bauteils eines komplexen Erzeugnisses (des Sattels) bspw. bei Kauf oder Einbau ist, sondern die Verwendung des komplexen Erzeugnisses selbst (vorliegend des Fahrrads).

Maßgeblich war damit, ob die Sattelunterseite bei Verwendung des Fahrrads sichtbar ist und bleibt.

Aus Sicht des BPatG ist die einzige „bestimmungsgemäße“ Verwendung eines Fahrrads das Fahren an sich, aber nicht das Tragen, Schieben oder Parken. Denn Tragen, Schieben oder Parken sind formal „übliche“ Verwendungen, also vor- oder nachgelagert, auf die es in der Entscheidung aber nicht ankam. Denn die „bestimmungsgemäße“ Verwendung wird durch die Zweckbestimmung des Herstellers definiert. Dagegen sind Maßnahmen der Instandhaltung, Wartung oder Reparatur schon nach §1 Nr 4 DesignG vom Begriff der bestimmungsgemäßen Verwendung ausgenommen. 

Die gesonderte Designanmeldung des Fahrradsattels – und die damit erreichte Trennung von Bauteil und komplexem Erzeugnis (Fahrrad) sowie die erreichte Sichtbarkeit kann jedenfalls nicht die Hürde des §4 DesignG überwinden helfen, so das BPatG. 

Logische Folge ist aber auch, dass also nicht auf den Kaufzeitpunkt des Sattels abgestellt werden kann, bei dem ein als Einzelteil gekaufter Fahrradsattel selbstverständlich auch von unten einsehbar ist. Hier tritt auch der praktische Unterschied zur 3D-Marke zum Vorschein! 

Das BPatG negiert das Argument, die Nichtsichtbarkeit sei durch bloßes Bücken behoben. Somit unterliegen auch solche, nach Einfügung in ein komplexes Erzeugnis nicht sichtbar aber noch „einsehbaren“ Bauelemente dem Schutzausschluss nach § 4 DesignG.

Klar bleibt, dass ein Produkt, das in einem anderen Produkt (komplexes Erzeugnis) vollständig verbaut ist und bei der Verwendung des komplexen Erzeugnisses nicht sichtbar ist, nicht mittels eines Designs geschützt werden kann.

Allerdings wurde die Rechtsbeschwerde an den BGH zugelassen, eingelegt und ist lt. Auskunft vom 05.11.20 noch anhängig (BGH Aktenzeichen I ZB 31/20). Das letzte Wort ist demnach noch nicht gesprochen.

 

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